Jack the busch – aus Mahü-Passanten werden Zuhörer

Jack the Busch und Band begeistern die Passanten auf der Mariahilferstraße in Wien. Aus Passante werden Zuhörer.

Ein paar Stunden vor dem abendlichen Gig in der CoCo Bar in Wien am 4. Jänner 2020 wärmen Jack the Busch und Band sich und die Passanten auf der winterkühlen Mariahilferstraße auf. Aus Passanten werden Zuhörer. In kürzerster Zeit schart sich ein beachtliches Publikum um die Musiker. Jakob Busch hat spürbar Entertainerqualitäten.

Ich muß zugeben, zuerst habe ich an eine kleine Gruppe predigender, christusbegeisterter junger Menschen gedacht, wie man sie oft in der Wien und anderen Städten sieht und hört. Das liegt wohl an Leonard Cohens Hallelujah. Wenn es predigend weitergegangen wäre, hätte ich meine Einkaufswege weiterverfolgt, nicht mein Ding. Aber was dann folgt, ist Jack the Busch der Entertainer, der Vollblutmusiker aus Oberösterreich. Am Ende meint eine Zuhörerin anerkennend, damit könne er doch bei der großen Chance mitmachen. Jakob: „Da war ich schon, damals mit 17 Jahren.“

Jack the Bush bei der Großen Chance. Jakob war mit 17 schon ein erstaunlich cooler Typ auf der Bühne. Er hat sich auch von Sido nicht aus dem Konzept bringen lassen, als dieser seine Performance einfach mittendrin abgewürgt hat. „Von Mellau bis gen Schoppernau“, das Vorarlbergerisch ist dem Sido wohl zu steil, er will was Englisches hören. Wo andere jetzt vielleicht die Nerven wegwerfen, für Jakob kein Problem! In dieser Stresssituation, alle Achtung! Sehenswert auf You Tube.

Die große Chance. Jack the Busch lässt sich auch von Sido nicht aus dem Konzept bringen. Cool Socke!

Die Musik und die gute Stimmung der umstehenden Menschen hat auch mich angesteckt. Nicht immer, aber immer öfter, nehme ich meine Kamera mit, wenn ich zu Fuß in der Stadt unterwegs bin. Man weiß ja nie. Und eigentlich wollte ich diese Gelegenheit hier jetzt nur zum Experimentieren nützen, ohne Garantie auf Erfolg. Längere Belichtungszeit, scharfe Musiker und unscharf vorbeieilende Passanten. Das mit den unscharfen Passanten ist nicht das Problem, aber das mit den scharfen Musikern, denn die bewegen sich auch, was bei 1/20 Sekunde und einem 42 Megapixel Vollformatsensor sehr schnell zu einer Bewegungsunschärfe führt. Was es de facto auch passiert ist.

Plötzlich eilt Jakob quer über die Straße auf mich zu. „Könntest Du mir ein paar von Deinen Fotos schicken? Danke!“ Drückt mir eine CD in die Hand, eilt zurück und performt weiter. Aus war es mit dem reinen Experimentieren. Jetzt war ich verpflichtet Brauchbares zu liefern. Die Essenz der Straßen- und Reportagefotografie ist das Storytelling, das Kommunizieren mit Bildern. Wie und warum ich die Story mit gezielter Nachbearbeitung unterstreiche, das folgt im Anschluss an das nachfolgende Album unter der Rubrik fototechnische Randnotizen.

Jack the Busch mit Band in der Mariahilferstraße – anklicken und reinzoomen

Jack the Busch – Vocal und Gitarre
Fabian Rechberger – Schlagzeug
Johannes Prammer – Gitarre

Mehr zu Jack the Busch

Mehr zu Jakob Busch findet ihr auf seiner Webseite jackthebusch.com. Und wenn man ihn googelt findet man auch die eine oder andere interessante Pressemeldung.

Fototechnische Randnotizen

Kamera und Einstellungen

Sony A7RII, Sony 24-70 f/2.8 GM, die meisten Bilder mit ISO Werten zwischen 2000 und 4000. Das Foto mit deutlicher Bewegungsschärfe mit 1/20 Sek., die restlichen Bilder mit 1/200 bis 1/320 Sek. Blendenwerte f/2.8 – f/4.0. Alle Bilder in RAW, entwickelt mit Capture One Pro 20.

Storytelling – was ich mit den Bildern vermittlen möchte

  • Straßenmusik. Belebte Straße. Einkaufsstraße.
  • Passanten, die vorbeieilen; nicht jeder hat die Muße, stehen zu bleiben. Der Versuch mit deutlicher Bewegungsunschärfe.
  • Passanten, die zu Zuhörern werden. Es hat sich eine große Zuhörergruppe gebildet, in der Mitte Jack the Busch und Band. Übersichtsaufnahme. Aufnahme aus der Menge heraus, mit angeschnittenen Köpfen. Somit Nähe und Intimität.
  • Musiker, die mit Begeisterung gemeinsam musizieren. Man soll den Bildern ansehen, dass hier Musiker am Werk sind, die mit Freude miteinander musizieren, und die vor allem mit Verve für ihr Publikum spielen. Eine Begeisterung, die auf die Zuhörer überspringt. Vor allem Kinder werfen dann mit Begeisterung Münzen in den „Hut“.
  • Jakob Busch agiert mit vollem Körpereinsatz; er lebt und fühlt sichtlich mit dem ganzen Körper das mit, was er singt. Sichtbarer Ausdruck davon: Er singt häufig mit geschlossenen Augen. Voller Körpereinsatz: springt, Zehenstand während des Spielens, rhythmische Bewegungen, …
  • Zur Atmosphäre: Es ist Jänner, es geht ein kühler Wind. Dennoch vergißt man die Winterkühle. Der Entertainer Jakob fesselt die Aufmerksamkeit. Die Sonne ist schon untergegangen, das Licht ist sehr diffus, und eigentlich auch bläulich-grau-kühl. Wärmeres Licht in den Geschäften. Das Kühle Licht entspricht aber nicht der Stimmung, die die Musiker und die Zuhörer verbindet. Die Tageszeit nach Sonnenuntergang soll in der Bildstimmung wiedergegeben werden. Reduzierte Helligkeit, aber dennoch ein wärmerer Weißabgleich, der Stimmung und der künstlichen Beleuchtung im Inneren des Geschäftes entsprechend. Der warme Grundton sticht aber nicht stark ins Auge, weil das Bild deutlich farbentsättigt ist.
  • Das optische und inhaltliche Zentrum der Bilder sind immer die Musiker. So wurden die Bilder auch nachbearbeitet. Die Umgebung und die Zuschauer werden in der Helligkeit zurückgenommen, in der Sättigung und dem Kontrast reduziert. Die Musiker werden zum optischen Zentrum durch: gegenüber der Umgebung selektive Aufhellung, einen höheren Kontrast und eine höhere Farbsättigung. Der wichtigste Schlüsselreiz für das menschliche Gehirn sind Gesichter. Bei den meisten Bildern wurden die Gesichter selektiv weiter aufgehellt, um den Blick sofort dorthin zu führen und zum optischen und inhaltlichen Zentrum zu machen. Auch wenn das auf den ersten Blick nicht auffallen wird, aber der Vorher-nachher Vergleich zeigt die deutliche Verbesserung und macht den Kopf (die Köpfe der Musiker) zum optischen Zentrum des Bildes. Aber ehrlich gesagt, ohne Vohrher-nachher Vergleich soll das ohnehin nicht auffallen. Sonst hätte ich übertrieben.
  • Farblook: in den Mitteltönen und Lichtern ein Hauch orange, in den Tiefen spiegelt sich durch ein komplementäres Cyan der kühle Wintertag wieder. Die Gesamszene ist deutlich farbentsättigt. Diese Entsättigung wird selektiv bei den Musikern wieder teilweise kompensiert. Der Weißabgleich vor Anwendung des Farblooks ist mit 9235 Kelvin schon deutlich auf der warmen Seite, was durch die Entsättigung aber nicht sofort ins Auge sticht.
  • Generell: Die Bilder sind so nachbearbeitet, dass die Musiker für das Auge sofort als inhaltliches Zentrum erkennbar sind, das größte optische Gewicht haben, auch dann, wenn im Bild noch viele andere Elemente abgebildet sind. Die Bilder sind von der Umgebung eher dunkler angelegt, was der Stimmung der Tageszeit durchaus entspricht. Obwohl unser Auge vor Ort die Szene natürlich heller wahrnimmt. Aber vor Ort nehmen wir die Szene mit all unseren Sinnen wahr, beim Foto sind wir auf den visuellen Reiz beschränkt; deshalb stimme ich das Bild so ab, dass es die Stimmung so wiedergibt, wie ich es empfunden habe.

4 Replies to “Jack the busch – aus Mahü-Passanten werden Zuhörer”

  1. Danke Danke Danke für den tollen Beitrag und mega stimmigen Bilder.
    Du hast die Momentaufnahmen perfekt ins richtige Licht gerückt!
    Noch authentischer kann der Inhalt von einem spontanen „Fotoshooting“ nicht sein.

    Liebe Grüße
    JackTheBusch und Band

    1. Hallo Jakob, freut mich, dass Dir die Bilder gefallen. Es ist nämnlich gar nicht so einfach, Musiker beim Musizieren zu fotografieren, so dass man auch sieht, dass da jemand auch tatsächlich musiziert, und nicht nur der Eindruck entsteht, dass jemand nur statisch ein Instrument hält. Aber bei einem Vollblutmusiker, wie Dir, der mit vollem Körpereinsatz und mit ganzer Seele spielt, ist es vielleicht sogar etwas einfacher.

    1. Hallo Sylvia, danke für den Kommentar. Eigentlich war ich einer der Passanten, der was zu erledigen hatte. Aber wenn da so ein überzeugender Entertainer loslegt, muss ich einfach stehenbleiben. Gott sei Dank bin ich mit Kamera aus dem Haus. Man weiß ja nie …

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